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Heeresversuchsanstalt Kummersdorf Vi

Staatliches
Typ     :     Forschungseinrichtung           
Bunkertypen     : keiner
Zustand     :     schlecht           
Zugang     :     über Historisch-Technisches Museum

Im Wald bei Kummersdorf-Gut, unweit der beiden großen Schießbahnen,  befand sich die um 1930 entstandene Versuchsstelle Gottow der Abteilung  Forschung des Heereswaffenamtes (HWA). Diese Abteilung war in 5  Unterabteilungen gegliedert, welche wiederum in Referate unterteilt  wurden, beispielsweise in das Referat I a Atomphysik, das Referat I b  Sprengphysik und Hohlladungen usw. Experimentiert wurde hauptsächlich  mit neuen Waffenentwicklungen wie Raketentriebwerken, Granatwerfern,  Gewehren, weiter auf dem Gebiet der Elektronik, Schall und Akustik  und  mit verschiedenen Chemikalien.
  Die bekanntesten Experimente und Entwicklungen der Versuchsstelle  waren zum einen der unter hoher Beteiligung Wolfram Eschenbachs  entwickelte N-Stoff, einer aggressiven, anorganische Fluorverbindung,  welche selbst schwer entflammbare Stoffe in Brand setzen konnte und für  den wenig später eine eigene, riesige unterirdische Produktionsfabrik  bei Falkenhagen errichtet wurde. Zum anderen sind die Experimente Kurt  Diebners an der Entwicklung einer "Uranmaschine" zu nennen, in 3  Versuchsreihen (den Versuchen G I bis G III) versuchte er mit seinem  Team, einen lauffähigen Nuklearreaktor mit Hilfe einer Neutronenquelle  und Würfeln aus Natururan zu errichten, was ihm allerdings bis zum  Kriegsende nicht gelang.

Im Kern bestand die Anlage der Versuchsstelle aus 2 über 500m langen  Gebäudeblöcken, einem Munitionsbunker und einer Versuchsschießbahn.  Beide Gebäudeblöcke, unterteilt in insgesamt 5 Gebäudegruppen, bestanden  jeweils aus 8 Versuchshallen, die in ihren Gruppen untereinander über  einen splittergeschützten Gang verbunden waren. Am nördlichen Block  schlossen sich über jeweils einen weiteren teilunterirdischen Gang,  weitere kleinere Gebäude mit Laboratorien und Prüfständen an, welche  jeweils durch hohe Splitterschutzwälle voneinander getrennt waren. Die  beiden Hauptgebäudeblöcke waren untereinander ausserdem über insgesamt 3  unterirdische Medienstollen miteinander verbunden. Der südliche Block  war komplett unterkellert.
Die Schießbahn befand sich nordwestlich des nördlichen Blockes, ein  massiver Geschossfangkorb aus Stahlbeton am Ende der Bahn sorgte für  Splitterschutz beim Einschlag der dort getesteten Geschosse. Diebners  Gruppe nutzte die beiden letzten Gebäude am westlichen Ende des  südlichen Blockes, der Versuchsreaktor wurde etwas abseits, südwestlich  der Gebäude, errichtet. um die gesamte Anlage und zwischen beiden  Gebäudeblöcken waren Gleise für die Feldbahn verlegt, viele der Gebäude  verfügten über eine Feldbahnanbindung, welche nach Kummersdorf-Gut  führte. Ein splittergeschützter Feldbahnhof befand sich im südlichen  Gebäudeblock.
  Im Südosten standen ursprünglich mehrere Verwaltungsgebäude, diese  wurden von den Sowjets später abgerissen und durch Neubauten ersetzt.
  An der Westseite der Blöcke befand sich ein kleiner Munitionsbunker, bestehend aus 3 Räumen und insgesamt 3 Zugängen.

Nach dem Ende des Krieges wurde die gesamte Anlage zunächst   ausgeschlachtet und die Laboreinrichtungen als Reparationszahlung in die   Sowjetunion geschafft. Kurz darauf begannen Plünderungen durch die  Bewohner der  umliegenden Dörfer. Später wurde das Gelände dann von der  GSSD zum Sperrgebiet  erklärt und ein Munitionslager aus den Ruinen der  ehemaligen Versuchsstelle  errichtet. Dabei wurden viele Wände  abgerissen, neue an die bestehenden  Strukturen an gemauert und das  Gangsystem zwischen den Gebäuden gesprengt bzw  zugemauert. Diebners  Prüfgebäude mit dem Versuchsreaktor wurde abgerissen,  lediglich die  Fundamente und das" Containment", die  Stahlbetonumfassung des  Versuchsreaktors im Erdboden, blieben erhalten.  Zusätzlich wurden durch  die Truppen der GSSD  einige Lagerhallen um das  ehemalige Gelände errichtet. Nach Abzug der  sowjetischen Truppen verwahrloste  das Gelände zunächst, blieb aber  Sperrgebiet aufgrund der Tatsache, dass hier  Experimente mit  radioaktiven Substanzen durchgeführt wurden.
Am 16.2. und  21.3.2000 führte das Bundesamt für Strahlenschutz  Messungen durch, um die  Kontamination des Geländes durch radioaktive  Isotope zu ermitteln. Ergebnis war  eine nur minimal erhöhte Aktivität  auf einem Gelände von 15 x15m um den  ehemaligen Versuchsreaktor,  ausgelöst durch einen erhöhten Natururangehalt im  Erdboden. Als  Schlussfolgerung sei eine Schädigung an Personen, die sich auf  dem  Gelände aufhalten, nicht gegeben, so im Bericht des Bundesamtes.

Heute wird das gesamte Gelände vom Heimatverein in  Kummersdorf-Gut  betreut und dort Führungen veranstaltet. Die Ruinen sind bis  auf einige  illegale Müllkippen völlig leer, das Gangsystem des Südblockes ist   größtenteils mit Gummistiefeln noch begehbar. Die unterirdischen  Medienstollen  sind bis zur Oberkannte abgesoffen und wahrscheinlich  durch die GSSD  auch  gesprengt worden. Der Fakt, dass alle Unterlagen nach dem Ende  der eigentlichen  Versuchsstelle verschwanden und die Gebäudestrukturen  teilweise bis zur  Unkenntlichkeit zerstört sind, macht diese Anlage  besonders interessant, vor  allem, weil nur wenige glaubwürdige  Publikationen speziell zu diesem Gelände  existieren. Interessenten sei  das als Quelle angegebene Buch nahe gelegt, der  Autor befasste sich  umfassend um die Gruppe von Kurt Diebner und hat in akribischer   Archivarbeit, Zeitzeugenbefragungen und persönliche Begehungen unter  anderem  mit dem zur Diebnergruppe gehörenden Dr Werner Czulius einen  detaillierten  Geschichtsabriss über das Versuchsgelände geschaffen,  allerdings primär nur  über die dortigen Atomversuche.

Quelle und Buchtipp:
Günter Nagel, Atomversuche in Deutschland, ISBN:  978-3930588596
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