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Ausweichführungsstelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin MFS

Bunker > Millitär
Typ : Ausweichführungsstelle
Bunkertyp : 1/15/V2c 1. Ausf.
Etagen : 1
Östlich Berlins befindet sich in einem Waldstück die ehemalige  Ausweichführungsstelle (AFüSt) der Bezirksverwaltung für  Staatssicherheit Berlin.
Als Legende für das Objekt diente eine Nutzung  als “Trainingsobjekt der SV Dynamo”.  Es war neben einem Sportplatz mit mehreren Bungalows, einer größeren  Baracke, einem Garagengebäude, einer Trafostation vom Typ K20 - 400 und dem Kommandantenwohnhaus bebaut. Separat eingezäunt im hinteren  Bereich des Objektes befand sich schließlich die eigentliche  Ausweichführungsstelle.  Auffällig sind 2 kleinere Schuppen, die am Weg  vom Kommandantenwohnhaus zum Schutzbauwerk gelegen, zwei Luftschächte  tarnten. Diese Schächte dienten zur Belüftung eines 100 m langen Tunnels  aus Fertigteilelementen, welcher vom Keller des Kommandantenwohnhauses  in das Schutzbauwerk führt. Zwei weitere kleine Schuppen tarnten  ursprünglich die beiden Frischluftansaugungen des Bunkers, die zwei  regulären Zugänge waren jeweils mit einem Bungalow als  Legendierungsbauten bedeckt, in welchen die mit den bekannten liegenden  Rolltoren verschließbaren Zugänge versteckt waren.

Bei der Ausweichführungsstelle selbst handelt es sich um den bekannten MfS  Typenbau mit der Bezeichnung 1/15/V2c in der 1. Ausführung, welcher ab  1971 das Projekt 1/15/V2b ersetzte. Es handelt sich dabei um eine  Fertigteilkonstruktion aus Rahmenelementen mit monolithischen  Ergänzungen. Das Bauwerk entstand etwa zeitgleich mit dem “Familienbunker”  in der Waldsiedlung, so dass der Aufbau und die Ausstattung diesem  Bauwerk vor dessen Rekonstruktion ähnelte. Bauliche Abweichungen bei dem  hier vorgestellten Bauwerk war zum einen der zusätzliche Zugangstunnel,  welcher am Sanitärgang / Notausstieg des linken Flügels anschloss und  im Wartungsbetrieb vom Wartungs- und Instandsetzungsdienst (WID) als  Zugang genutzt wurde,  zum anderen der ursprüngliche Abwasserschacht, der normalerweise am  linken Hauptverbindungsgang anschloss, hier jedoch am rechten  Hauptverbindungsgang liegt und als Kabeleinführung diente. Weiter fällt  auf, dass an sämtlichen Zugängen zum Schutzkernbereich die Wände mit  Betonmauerwerk verstärkt wurden.

Zum Werdegang des Bauwerkes findet man in Quelle einen umfangreichen Bericht der Technischen Überprüfung (TÜ) des MfS  aus dem Jahr 1989, in dem kleinere Mängel aufgeführt wurden, dem  Bauwerk insgesamt aber ein “guter bis sehr guter” Erhaltungszustand  attestiert wurde. Einziger größerer Mangel war der Zugangstunnel, der   bei Benutzung für Personenverkehr durch den Batterieraum (siehe  Grundriss) führte, was zukünftig entweder durch Umzug der Batterieanlage  in einen anderen Raum oder ein Verbot der Nutzung des Tunnels  verhindert werden sollte. Eine grundsätzliche Rekonstruktion wie in  vielen anderen AFüSten der Bezirksverwaltungen und zentralen  Diensteinheiten fand in diesem Bauwerk offenbar nicht statt.

Ein Entwurf einer Neuregelung der Arbeitsgruppe des Leiters (AGL) der BVfS, datiert auf den 15.11.1989 zur weiteren Nutzung des Objektes konstatierte der AFüSt  allerdings einen Ausstattungsgrad, der nicht der Einhaltung der  geplanten Schutzfunktion entspräche sowie weitere Mängel, wie etwa den  nahe gelegenen sowjetischen Flugplatz und fehlende Versorgung des  Objektes mit Vorräten. Favorisiert wurde in diesem Schreiben langfristig  ein Rückbau und Verschluss der Anlage und einer anschließenden Übergabe  des Gländes an “territorial zuständigen Institutionen”.

Nach Auflösung des MfS und dem Ende der DDR  schließlich wurde das Objekt noch einige Zeit  als Asylberberheim  genutzt. Nach dem Ende der Nutzung wurde das Objekt bis etwa 2006 noch  bewacht, danach aber dem Verfall preisgegeben. Zum heutigen Stand  präsentiert es sich als größtenteils entmetallisierte, zugewucherte,  illegale Müllkippe. Der Anschauungswert hält sich somit in Grenzen.

Die Bauwerksdaten im Überblick:
- Tarnname WTsch: HÖHEPUNKT
 - Tarnname Nachrichtenzentrale: FLIEGENGESCHNÄPPER-5
 - Wiederverwendungsprojekt 1/15/V2c
- Baukosten: etwa 4 Millionen Mark (nur Schutzbauwerk)
- abgesetzte Sendestelle: etwa 3 Km SSO, FB-3-E
- Schutzklasse: D, Druckfestigkeit 3 Kp/cm2, ABC Schutz
- Autonomer Betrieb: 6 - 8 Tage
- Hermetisierung: 12 Stunden
 - Bauzeit: 1971 - 1973
- Abmaße: 38,45 m x 35,91 m ohne Tunnel
- Gesamtinnenfläche: 880 m2 (ohne Fläche Druckwellendämpfer der NEA)
- hermetisierbare Fläche: 625 m2
- Stärke Außenwände: 25 cm Stahlbetonrahmenelemente + 67 cm Vorsatzelemente
- Deckenstärke: 35 cm Stahlbetonrahmenelemente + 15 cm bewehrte Betonplatte + 10 cm Estrich
- Erdüberdeckung: 2 m
 - Netzersatzanlage: insgesamt 90 KVA  (72 KW), je Flügel 3 Stück, Gegenkolben - Dieselmotore 2HK65 mit Generator
    DCB 15-4/4 und 15 KVA Scheinleistung
- Treibstoffvorrat: 2 x 2500 l
- Elektrische Anschlussleistung: 100 KW
- Lufttechnische Anlagen: zwei Filteranlagen mit einer Förderleistung von je 800 m3/h und elektrischem Lufterhitzer,
     Metallplattenfilter, Faserfilter, 2 Vorfilter PFP-1000, 8 Absorbtionsfilter FP-200, 6 Stück RP-100 Regenerierpatronen
     für Umluftbetrieb in BW III, jeweils ein Lüfter für die Netzersatzanlagen
- Atemluftkompressor Typ A3HW1-32/70 zum Befüllen der 42 Pressluftflaschen zur überdruckhaltung in BW III
      (Hermetisierung mit Überdruck)
- maximale Personenzahl: 135/400 (als Führungsstelle / als Luftschutzanlage)
- Wasserversorgung via Bauwerksbrunnen mit 16,5 m Tiefe, Unterwasserpumpe Typ U 25, ein Hydrophor mit 750 l,
   ein Vorratstank zu 3000 l, ein Warmwasserbereiter für 300 l

Quelle:
1 BStU MfS AGM 117
2 BStU MfS BV Berlin, AGL 77
3 BStU MfS HA PS 5083
4 Ausführungsunterlagen Projekt 1/15/V2c
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