Grenzübergang Helmstedt-Marienborn 07
Staatliches
Grenzübergang Helmstedt-Marienborn
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Der Grenzübergang Helmstedt–Marienborn war der größte und bedeutendste Grenzübergang an der innerdeutschen Grenze während der deutschen Teilung
und bestand aus dem „Kontrollpunkt Helmstedt“ und der
„Grenzübergangsstelle Marienborn“ (GÜSt). Wegen der geografischen Nähe
zu West-Berlin wurde die Hauptlast des Transitverkehrs zwischen Westdeutschland und Berlin über diesen Grenzübergang abgewickelt. Außerdem diente er dem Reiseverkehr in die DDR, nach Polen und anderen Ostblock-Staaten. Er bestand zwischen 1945 und 1990 und regelte den Grenzverkehr auf der Autobahn 2 und den Eisenbahnverkehr zwischen der westdeutschen Kreisstadt Helmstedt und der ostdeutschen Gemeinde Marienborn
Geschichte
Erste Kontrollstellen
Grenzübergang Helmstedt-Marienborn, 1949
Autobahnkontrollpunkt Helmstedt, November 1989
Der Kontrollpunkt wurde am 1. Juli 1945 von den vier alliierten Siegermächten zwischen der britischen und sowjetischen Besatzungszone errichtet und umfasste den Interzonen-Eisenbahnverkehr sowie den Kraftfahrzeugverkehr auf der damaligen Reichsautobahn
Hannover–Berlin. Die Kontrollstellen für den Fahrzeugverkehr lagen
unmittelbar an der Zonengrenze und bestanden auf beiden Seiten aus
provisorischen Holzgebäuden.
Der wichtigste innerdeutsche Autobahn-Grenzübergang Helmstedt wurde von den Westalliierten im zeitlichen Verlauf als Checkpoint Alpha bezeichnet. Der weiter östlich gelegene Checkpoint Dreilinden als Ende der Transitstrecke nach Berlin wurde mit Bravo
bezeichnet. Seine Bedeutung erlangte der Übergang auch dadurch, dass er
mit 167 km die kürzeste Verbindung nach West-Berlin darstellte. Während
der Berlin-Blockade zwischen Juni 1948 und Mai 1949 wurde der Grenzübergang für den Autobahnverkehr als auch für den Eisenbahnverkehr geschlossen.
Grenzübergangsstelle Marienborn
Ursprünglich ausschließlich von der sowjetischen Besatzungsmacht betrieben, übernahmen nach der Gründung der DDR ab 1950 die Grenztruppen der DDR verstärkt die Grenzabfertigung auf östlicher Seite. Durch zunehmende politische Spannungen während des Kalten Krieges zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion
wurden die Grenzabfertigungsanlagen in den Folgejahren verstärkt
ausgebaut und die Kontrollmaßnahmen verschärft. Trotzdem galt die
Grenzabfertigung in der provisorischen Einrichtung als unsicher.
Zwischen 1972 und 1974 errichtete die DDR unweit der alten Kontrollbauten eine 35 Hektar
umfassende Grenzübergangsstelle (GÜSt) bei Marienborn, die etwa 1,5 km
hinter der Grenze auf einer Hügelkuppe auf östlichem Gebiet lag. Der
Autobahnbereich zwischen der eigentlichen Grenze und der GÜSt wurde
durch umfangreiche Grenzanlagen und Betonmauern entlang der Trasse
gesichert. Über eine erhöhte Leitstelle konnten der Grenzverkehr
beobachtet und ausfahrbare Kfz-Rollsperren im Bedarfsfall aktiviert
werden. Zeitweise waren auf dem Areal bis zu 1000 Bedienstete in den
Bereichen Passkontrolle, Zoll, Grenztruppen und Ministerium für Staatssicherheit
(MfS) tätig. Die zahlreichen Gebäude waren durch ein unterirdisches
Tunnelversorgungssystem verbunden. Zugang zu und Wissen über die Tunnel
waren einem kleinen Kreis der Beschäftigten vorbehalten. Die
DDR-Grenztruppen waren in direkt angrenzenden Kasernenanlagen
untergebracht.
Von 1984 bis 1989 wurden rund zehn Millionen Personenkraftfahrzeuge und rund fünf Millionen Lastkraftwagen abgefertigt.
Sowjetischer Kontrollpunkt „Sierra Alpha“
Die
Kontrollen alliierter Fahrzeuge auf östlicher Seite blieb während der
gesamten Dauer des Grenzüberganges sowjetischen Grenzsoldaten
vorbehalten, die in separaten Kontrollgebäuden (westalliierte Benennung:
„Checkpoint Sierra Alpha“) abgewickelt wurden.
- Grenzübergang Marienborn 1954
(in beiden Richtungen)
Kontrollpunkt Helmstedt
In
den 1950er-Jahren wurden nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland
die Güter- und Personenkontrollen von den bundesdeutschen Zollbehörden
und dem neu aufgestellten Bundesgrenzschutz
wahrgenommen. Die Autobahn-Abfertigungsanlagen auf der westlichen Seite
waren auf Grund ihres politisch gewollten Charakters als „Provisorium“
im Vergleich zu den Anlagen in Marienborn deutlich kleiner
dimensioniert. Erst Ende der 1970er-Jahre erfolgte auch hier ein
moderner Ausbau der Abfertigungsgebäude. Die im Zeitverlauf stetig
ansteigenden Verkehrszahlen und die strengen ostdeutschen
Kontrollmaßnahmen führten zu erheblichen Wartezeiten und Staubildungen.
Auf westdeutscher Seite wurde daraufhin ein verstärkter Ausbau von
Parkplätzen und Autobahnraststätten betrieben. Einmalig in der
bundesdeutschen Straßenverkehrsgeschichte war bis Ende der 1970er-Jahre
die Anlage eines Zebrastreifens für Fußgänger auf der Bundesautobahn 2 kurz vor den Grenzabfertigungsanlagen.
Checkpoint Alpha
Die drei westalliierten Siegermächte (Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich und Frankreich)
behielten die Hoheit über den alliierten Grenzverkehr analog der
sowjetischen Einrichtung auf östlicher Seite. Der Checkpoint Alpha war
in einem gesonderten Gebäude des Kontrollpunktes Helmstedt untergebracht
und war über eigene Zufahrtsstraßen erreichbar. In der Stadt Helmstedt
befanden sich bis zur Auflösung des Checkpoints kleinere französische,
britische und amerikanische Truppenkontingente.
Der Kontrollpunkt
war einer von drei durch die Alliierten genutzten Kontrollpunkte. Seine
westliche (der ehemaligen britischen Besatzungszone angehörigen) Seite
wurde als „Checkpoint Alpha“ nach dem ersten Buchstaben des heutigen ICAO-Alphabets benannt. Checkpoint Bravo war die amerikanische Seite des Grenzkontrollpunktes Dreilinden-Drewitz und Checkpoint Charlie der alliierte Grenzübergang innerhalb Berlins.
Die Nomenklatur Checkpoint für Kontrollpunkt ergibt sich im Gegensatz zu der östlichen Bezeichnung Grenzübergangsstelle (GÜSt) daraus, dass von westlicher Seite aus die völkerrechtliche Legitimität als Staatsgrenze
nicht anerkannt wurde. Diesbezüglich trat nach der De-facto-Anerkennung
der DDR als Staat ab 1972 für die innerdeutsche Grenze eine Veränderung
ein, nicht jedoch für die Sektorengrenze Berlins.
Eisenbahngrenzübergang
Grenzformalitäten zwischen sowjetischen und britischen Alliierten in Marienborn
Der ursprünglich durch sein Passagier- und Güteraufkommen bedeutendere Eisenbahngrenzverkehr an der Bahnstrecke Braunschweig–Magdeburg wurde über die beiden Grenzbahnhöfe
in Helmstedt und Marienborn abgewickelt. Jeder Zug aus östlicher oder
westlicher Richtung musste an beiden Bahnhöfen halten. Zudem musste in
späteren Jahren durch die fehlende Elektrifizierung der Eisenbahntrasse auf DDR-Gebiet ein Wechsel von westdeutschen Elektro- auf ostdeutsche Diesellokomotiven vorgenommen werden.
Der westalliierte Interzonenbahnverkehr nach Berlin wurde ebenfalls
über diesen Grenzübergang durchgeführt. Mehrmals täglich verkehrten
derartige Militärzüge nach Berlin. Es wurden sowohl Mannschaften als
auch schweres Gerät (Fahrzeuge, Panzer usw.) transportiert. Die
Grenzabfertigung dieser Züge in Marienborn erfolgte durch sowjetische
Grenzeinheiten.
Auflösung des Grenzüberganges
Am 9. November 1989, dem Abend des Mauerfalls, überschritt Annemarie Reffert
zusammen mit ihrer Tochter Juliane um 21:15 Uhr am Grenzübergang
Helmstedt-Marienborn die innerdeutsche Grenze. Dies gilt als die erste
Überschreitung nach der Pressekonferenz Günter Schabowskis am gleichen Tag über neue Reiseregelungen für DDR-Bürger. Im Zuge der politischen Wende
in der DDR im Herbst 1989 wurden die Grenzkontrollen in der Folgezeit
erheblich gelockert, bis sie wenige Monate später ganz entfielen:
Bereits vor der deutschen Wiedervereinigung wurde der Grenzübergang am 30. Juni 1990 vor Beginn der deutschen Wirtschafts- und Währungsunion
geschlossen, exakt 45 Jahre nach seiner Errichtung. Seit Oktober 1990
stehen die ehemaligen Grenzabfertigungsanlagen der DDR bei Marienborn
unter Denkmalschutz,
allerdings wurde der frühere DDR-Ausreisebereich aus
verkehrstechnischen Gründen abgerissen. Bei den Umgestaltungsmaßnahmen
entstand vor dem früheren Übergang eine Autobahn-Raststätte mit
Parkplätzen.
Die ehemaligen westdeutschen Grenzgebäude bei Helmstedt wurden abgerissen oder einer anderen Nutzung zugeführt.
- Grenzöffnung im November 1989
Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn
Am 13. August 1996 wurde auf dem Gelände der ehemaligen
Grenzübergangsstelle die 7½ Hektar große Gedenkstätte „Deutsche Teilung
Marienborn“ eröffnet. Betreiber der Dokumentationsstätte ist das Land Sachsen-Anhalt.
Die Besucher können bei freiem Eintritt das großräumige Gelände mit den
verschiedenen Einrichtungen, wie Passkontrolle, Pkw-Einreise,
Kontrollbox-Ausreise, Kommandoturm, selbst oder im Rahmen von Führungen
erkunden. Im ehemaligen Stabsgebäude wird eine Ausstellung präsentiert.
Im Gebäude wird auch im Film-Raum die versuchte Flucht von 2 Männern
mit dem Tankwagen gezeigt. Ein 29-jähriger Kraftfahrer des VEB Minol und
ein 15-jähriger Lehrling aus dem VEB Wohnungskombinat, beide in
Magdeburg beschäftigt, hatten mit einem Tankfahrzeug den
DDR-Grenzübergang Marienborn in Richtung Helmstedt versucht die
Grenzabsperrungen zu durchbrechen. Die LKW-Flucht vom 21. November 1983
scheiterte am Rammbock der Rollsperre.[1]
Die ehemaligen westdeutschen Grenzgebäude bei Helmstedt wurden
abgerissen oder einer anderen Nutzung zugeführt. Seit 2004 ist das etwa
18 km südlich liegende Grenzdenkmal Hötensleben
mit seinen ehemaligen Grenzanlagen auf 350 Meter Länge Bestandteil der
Gedenkstätte. Seit dem 19. Dezember 2011 zählt die Gedenkstätte mit den
Anlagen in Hötensleben zum Europäischen Kulturerbe.